Verein für Heimatkunde Gunzenhausen e.V. | Gegründet 1879

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Von den Verwandten Andreas Osianders

„Andreas Osianders Verwandte in Gunzenhausen und Meinheim“ nennt sich ein gemeinschaftlicher Beitrag von Werner Kugler (früher Dekan in Heidenheim) und Werner Mühlhäußer (Stadtarchivar in Gunzenhausen), der in „Alt-Gunzenhausen“ (Jahrbuch 73)  veröffentlicht ist.

Ist der Schmiedssohn aus Gunzenhausen nun 1496 oder 1498 in der Altmühlstadt geboren worden? Die Quellen lassen rätseln. Der Theologe, der schon früh die Stadt verließ, um sich an der Universität dem Theologiestudium zu widmen, war ein Verfechter der Lutherischen Reformlehre. Vorfahren von ihm können in der Nachbarschaft des Klosters Auhausen gelebt haben, aber ganz sicher ist, dass Vater Endres (Andreas) und Mutter Anna in der Schmiedsgasse (heute: Rathausstraße) lebten und dort eine Schmiede betrieben. Der Vater war auch Bürgermeister und Ratsherr. Der junge Osiander  kam offenbar – so die Annahme von Werner Mühlhäußer – mit den Gelehrten der benachbarten jüdischen Synagoge in Kontakt, denn er trat später als Kenner der hebräischen Sprache und der jüdischen Mystik in Erscheinung.

1515 ist der Name schon belegt, und war in einer Immatrikulationsurkunde der Universität Ingolstadt: „Andreas Osanner de Guntzenhausen clerius Eystetensis“ (der Zusatz besagt: Kleriker der Diözese Eichstätt). Ob zuvor schon seine Primiz in Gunzenhausen stattgefunden hat, ist nicht bekannt.  1522 kam Osiander an die St. Lorenz-Kirche in Nürnberg, wo er Weggefährte des Malers Albrecht Dürer, des Ratsherrn Willibald Pirckheimer und des Meistersingers Hans Sachs war. Er gilt als der Hauptverfasser der Kirchenordnung von 1533, die weit über Nürnberg hinaus Geltung hatte – auch im Fürstentum Brandenburg-Ansbach. Später ging Osiander nach Königsberg, wo er auch als Theologieprofessor an der Albertus-Universität wirkte bevor er dort 1552 starb.

Über seine Verwandten in Gunzenhausen ist bisher gar nichts bis wenig bekannt. Der Historiker Werner Mühlhäußer geht davon aus, dass er auf jeden Fall zwei Schwestern hatte: Margarethe, die mit ihm nach Nürnberg und Königsberg ging, und eine namentlich nicht bekannt, die in Gunzenhausen heiratete und von der noch 1544 in den Kirchenbüchern von der Eheschließung „mit Osianders Vetter“, dem Schuster Hans Kistner, die Rede ist.  Osiander war also damals schon als Nürnberger „Starprediger“ bekannt, sonst hätte der beurkundende Pfarrer wohl nicht auf den prominenten Status des Bräutigams hingewiesen. Kistner dürfte nach Mühlhäußers Forschung ein Neffe, also der Sohn einer Schwester Andreas Osianders, gewesen sein.

Von Osiander weiß der Theologe und Heimatforscher Werner Kugler,  der die Traubücher  Nürnbergs zu Rate gezogen hat - sie sind die ältesten Traubücher Deutschlands -, dass er dreimal verheiratet war: mit der aus Weißenburg stammenden Catherine Preu (1525), der wohlhabenden Nürnberger Witwe Helena Künhofer (1537) und  mit der Nürnberger Arzttochter Helena Magenbuch (1545).  Neun Kinder findet der Familienforscher: Lucas, Agnes, Veronika, Katharina (aus erster Ehe), Susanne, Katharina und eine namentlich nicht bekannt Tochter (aus zweiter Ehe) sowie Ursula und Elisabeth (aus dritter Ehe).

An der Universität Ingolstadt trifft der junge Osiander auf den Professor Johann Eck, der später als scharfer Luther-Gegner bekannt wird. Beide streiten sich öffentlich: Eck muss sich gefallen lassen, dass sein ursprünglicher Name Johann Maier (aus Egg an der Günz) sei, Osiander wiederum wird herablassend als „Schmiedssohn aus Auhausen“  tituliert, der sein Theologiestudium abgebrochen habe.

Auf der Suche nach Verwandten ist Werner Kugler in Meinheim fündig geworden. 1542 tauschten Michael Beck (Kurzenaltheim) und Leonhard Kreißelmeier (Meinheim) die Höfe, die sie  jeweils zum Lehen von Adelsfamilien erhalten hatten. Michael Beck leistet sich wohl ganz ahnungslos einen Vorgang, der Folgen haben sollte. Er verkaufte ein Feldlehen aus dem erworbenen Hof vier Monate später an den Meinheimer Caspar Zech. Dazu war er aber nicht berechtigt. Das hat er später auch bereut. Er fühlte sich überrumpelt. In seiner Not erinnerte sich Beck an seinen prominenten Verwandten Andreas Osiander, zu dieser Zeit einflussreicher Mann in Nürnberg.  Dieser schrieb 1543 an den Ansbacher Markgrafen und bat um Gnade für Beck mit dem Ziel, die Enteignung zu verhindern.  Osiander nannte Beck „den Sohn des Bruders meiner Mutter“, dem er von Herzen zugeneigt sei und den er als „frommen, unverschrobenen, gottesfürchtigen und ehrliebenden Menschen“ kenne. Er sei wohl zum Kauf verführt worden, habe sich sonst aber „unsträflich, freundlich und nachbarlich“ verhalten und der Fürsprecher vergaß auch nicht auf dessen „fromme Frau und noch nicht groß gezogene Kinder“ hinzuweisen. Der Verkauf solle daher vom Markgrafen als „kraftlos und nichtig“ erklärt werden.  Der Heidenheimer Klosterverwalter Johann Mundtscheller, den der Fürst zu Rate zog, bestätigte die Ehrhaftigkeit Becks, verschwieg aber in seiner Stellungnahme, dass er selbst bei der Beurkundung dabei war und somit eigentlich von der Unrechtmäßigkeit des Kaufvertrags hätten wissen müssen, aber dennoch nicht widersprochen habe.  Immerhin: Osiander stieß auf einen gnädigen Markgrafen, der die Rückführung des Grundstücksgeschäfts besiegelte, so dass Michael Beck auf dem Hof bleiben konnte.  Unmissverständlich ließ der Ansbacher Herrscher wissen, der Lehensnehmer solle sich künftig „solcher unerlaubten Besitzveränderungen enthalten“.

WERNER FALK

 

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