Verein für Heimatkunde Gunzenhausen e.V. | Gegründet 1879
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Der Bauernkrieg am Hesselberg und Hahnenkamm
Protestbauern büßten schwer - Der Bauernkrieg am Hesselberg und Hahnenkamm
Als Bub, der in einem Obermögersheimer Wirtshaus aufgewachsen ist, hörte er mit Begeisterung den alten Bauern zu, die von ihren Kriegserlebnissen erzählten. Damals begegneten ihm auch die abenteuerlichen Geschichten von der „Bauernschlacht bei Ostheim“, die 1926 in einem Historienspiel nachvollzogen wurde. Armin Kitzsteiner, der sich von dem Heimatforscher Wolfgang Rathsam inspirieren ließ, entdeckte damals sein Interesse für die lokale Historie. Später schrieb er für das angehende Lehramtsstudium eine Zulassungsarbeit zum Thema „Der Bauer steht auf“. Vor Mitgliedern des Vereins für Heimatkunde referierte der ehemalige Rektor der Volksschule Ehingen, der seit fast fünfzig Jahren in Unterwurmbach lebt und dort eine feste Größe im kulturellen Leben ist, über den Freiheitskampf der Bauern, der sich heuer zum 500. Mal jährt.
Rückblende in das Mittelalter: Die Bewohner der Dörfer – es waren zumeist Bauern – erhoben sich gegen die weltlichen und kirchlichen Obrigkeiten. Im Zuge der damals üblichen Erbteilungspraxis waren die Höfe immer kleiner und die bäuerliche Unterschicht immer größer geworden. Die Hälfte der Bevölkerung auf dem Land bestand aus Dienstboten, Tagelöhnern, alleinstehenden Knechten und Mägden, Häuslern ohne Feldbesitz. Freibauern, die nicht abgabenpflichtig waren, bildeten die absolute Minderheit. Auf der anderen Seite ging es den adeligen Grundherren und den Kirchen und Klöstern immer besser, denn sie konnten sich auf die bäuerlichen Abgaben stützen. Im südwestlichen Teil des Reiches wuchs das Misstrauen gegen die Obrigkeit. Der Verfall der öffentlichen Ordnung zeigte sich allenthalben: Ablasshandel der Kirche, Unbildung und Unsittlichkeit sowie Hab- und Trunksucht bei den Geistlichen, als „löbliche Gewohnheiten“ galten die Stolgebühren (bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen musste die Stola angelegt werden), das Leben in den Klöstern geriet in einen schlechten Ruf und befremdete die tiefgläubige Bevölkerung. Eine Szene daraus: der Heidenheimer Abt Mundtscheller stand im Verdacht, sich an vier Frauen vergangen zu haben. Der ehrliche Bauer Reichart Schmit beschuldigte ihn: „Su is das die ursach, darum, dass ich ihn nit vergönnt hab mein tochter, dieselbige zu schwechen und von den ehren zu bringen“. Das Landvolk brachte seine Abneigung auf einen Nenner: „Wer sich einen Tag gütlich tun will, der schlachte in Huhn, wer ein Jahr lang, der nehme ein Weib, wer es alle Tag gut haben will, der werde Priester.“ Die Pfarrer mussten sich als „Pfründe sammelnde Prälaten“ und „beschworener fauler Haufen“ beschimpfen lassen.

Hinzu kamen in der Mitte des 16. Jahrhunderts wiederholt schlechte Ernten, die den Bauern eine „unheilvolle Zukunft“ bescherten. Sie drückten ihre Not wiederum drastisch aus: „Wer 1523 nit stirbt, 1524 im Wasser nit verdirbt und 1525 nit wird erschlagen, der mag von Wundern sagen“. Der Aufruhr gegen die gesellschaftlichen Zustände verstärkte sich, sogar der Eichstätter Bischof Gabriel von Eyb sah „an vielen Orten den Aufruhr vor Augen“. Und der Nördlinger Stadtschreiber Georg Mair schrieb 1525 an seinen Bürgermeister, „die Herren sollten sich nicht unter die Bauern wagen, denn sie haben die armen Leut nit wie Menschen, sondern wie Tiere gehalten“.
Vom schwäbischen Raum her formierte sich der Widerstand und auch im Ansbacher Markgrafentum war der Unwille der Bauern zu vernehmen. So trafen sich am 29. März 1525 etliche Aufständische unter dem Freibauern Thomas Schmalzmüller aus Röckingen aus dem Hesselberg. Sie orientierten sich an den „12 Memminger Artikeln“, die im Südwesten als Forderung formuliert worden waren, wozu u.a. die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Neufestlegung der Abgaben und die Reduzierung der Frondienste gehörten. Bauern aus dem Land am Hesselberg, dem Hahnenkamm und dem Altmühltal versammelten sich am 5. Mai in der Lehmgrube bei Obermögersheim. Überall in den Orten rechts der Altmühl formierten sich die Anführer: der Bader Kraft Knoll motivierte die Ostheimer zum Kampf, die Geilsheimer scharten sich um Lienhard Sauler. Die Ehinger, Röckinger, Dambacher, Lentersheimer und Schwaninger kamen jeweils mit ihren Pfarrern. Der Obermögersheimer Utz Grötsch versuchte die Gunzenhäuser zu gewinnen und überreichte ihnen ein „Aufmahnungsschreiben“, das sie aber ablehnten. Auch die Auhausener wollten keine Unterstützung geben. Der Wassertrüdinger Hans Bener drang sogar in das Schloss ein und zwang den markgräflichen Amtmann, sich mit ihm somit den Bauern zu verbünden, andern falls würde mit ihm “kurzer Prozess“ gemacht.
Zur Plünderung des Klosters Auhausen kam es am 6. Mai, wobei die Aufständischen wenig Rücksicht auf die „päpstlichen Indulgenzen“ nahmen, zu denen auch die 1200 Bände der Klosterbibliothek gehörten. Der Abt konnte sich in Sicherheit bringen indem er in das Neuenmuhrer Schloss flüchtete, das damals weit größer war als das Altenmuhrer. 20 Wagen „voll guter Plunder“ waren die Beute, dazu bis zu 70 Pferde und Rinder. Beim Sturm auf das Kloster sollen die Geilsheimer und Westheimer „die allerbösten Puben“ gewesen sein.
Der Ansbacher Markgraf Kasimir hörte von den Zerstörungen und war gewarnt. Folglich schickte nach den historischen Überlieferungen an die 1000 Mann in den Süden seines Fürstentums. Über Merkendorf und Gunzenhausen zog die Truppe in Richtung des Heidenheimer Münsters, das in der Gefahr stand, ebenfalls geplündert zu werden. Fünfzi g Bürger von Gunzenhausen und ein Dutzend Reiter waren auf markgräflicher Seite beteiligt. Die andere Seite: 8000 Bauern sollen es gewesen sein, die mit 200 Wagen kampfbereit nach Ostheim zogen. Vom Geilbuck wurden sie angegriffen. Als die Geschütze versagten, bewarfen sich die Kämpfer mit Steinen. Furcht und Schrecken machten sich in Ostheim breit. Das Dorf wurde in Brand geschossen, anderen Berichten nach ist es an vier Ecken angezündet worden. Die „Schlacht bei Ostheim“ endete mit einem Verlust von 400 Mann bei den Bauern, nur drei Kämpfer sollen auf markgräflicher Seite getötet worden sein. Der Markgraf sicherte den Kämpfern zu, sie „von ewigem Gefängnis“ befreien zu wollen, aber Strafen mussten alle hinnehmen. Markgraf Kasimir hörte offenbar auf seinen Bruder Georg, der erkannt hatte: „Sollten die Bauern all erstochen werden, wo nähmen wir andere Bauern her, die uns ernähren?“ Todesurteile gab es in der Markgrafenschaft nicht, wohl aber Kollektivstrafen („Brandschatzung“ und Schadensgeld) für die Menschen in 137 Dörfern. Dazu gehörten u.a. Wassertrüdingen, Geilsheim, Obermögersheim, Altentrüdingen, Schwaningen, Kröttenbach, Cronheim, Filchenhard, Lellenfeld, Hambach, Wurmbach, Gnotzheim, Sammenheim, Pflaumfeld, Sausenhofen, Dittenheim, Windsfeld, Auernheim, Windischausen, Hohentrüdingen, Hüssingen, Hechlingen, Ursheim, Polsingen, Ostheim und Westheim. Hart traf es die Anführer: Thomas Schmalzmüller musste für ein Jahr in das Ansbacher Gefängnis, er verlor seinen Freibauern-Status und musste ein Viertel seines Vermögens abgeben. Peter Sauler aus Westheim und Martin Daller aus Kurzenaltheim mussten dem Markgrafen huldigen und verteidigten sich mit der Erklärung, sie seien zum Anführen gezwungen worden. 250 Gulden hatte der Geilsheimer Hans Reulein, einer der größten Bauern im Dorf, zu entrichten. Von den 107 Herdstätten (sprich: Haushalten) hatten sich nur sechs nicht an der Erhebung beteiligt. Drei ärmere Hüssingen mussten für Kasimir in den Krieg außerhalb des Fürstentums ziehen, der Ostheimer Kraft Knoll wurde dazu verdonnerte, den Erbteil seiner Mutter abzugeben. 150 Wagen „groß Gut“ (klösterliche Beute) waren auf Befehl des Regenten nach Ansbach zu bringen.
Der Markgraf und auch die kirchlichen Herrscher zogen nach dem Krieg die Daumenschrauben an und sanierten sich durch erhöhte Abgaben. Fest stand also: die Bauern waren die eindeutigen Verlierer des Aufstands. Der Gunzenhäuser Pfarrer Lic. Clauß formulierte die Situation so: „Wenn es geschienen hatte, als sollten die Osterglocken des Jahres 1525 eine Zeit goldener Freiheit einläuten, so tönten die Pfingstglocken dumpf und schwer den Grabgesang der Freiheit und kündeten eine neue Knechtschaft an.“ Tatsächlich ist die Leibeigenschaft erst 1808 abgeschafft worden nachdem Franken zu Bayern gekommen war.
WERNER FALK
